«Wir arbeiten an und mit Menschen»

    Preiskampf, Wettbewerbsverzerrungen, Billigsalons und Schwarzarbeit sind grosse Herausforderungen für die Coiffeurbranche. Coiffure Suisse verbessert mit nachhaltigen Massnahmen jedoch die Rahmenbedingungen im Coiffeurgewerbe nach und nach. Künftig will sich der Verband noch mehr für die Imagesteigerung des Coiffeurberufes sowie die Nachwuchsförderung engagieren.

    (Bild: zVg) Den Berufsnachwuchs und das Image des Coiffeurberufes aktiv fördern: Gerade an internationalen Wettbewerben kommt die Vielfältigkeit des Coiffeur-Handwerkes gut zum Ausdruck.

    In der Schweiz gibt es rund 12’500 Coiffeurgeschäfte, wo Herr und Frau Schweizer sich einen trendigen Haarschnitt verpassen lassen können. Allerdings hat sich die Branche in den letzten zehn Jahren stark gewandelt. Bankenkrise und Personenfreizügigkeit haben dazu geführt, dass das Haareschneiden auch im Portemonnaie einen ganz anderen Stellenwert bekommen hat. Mit Billigsalons und sogenannten Barber Shops, die in den letzten Jahren wie Pilze aus dem Boden geschossen sind, wird die Branche besonders hart von den Folgen der Einwanderungen getroffen. «Die Barber Shops bieten ihre Dienstleistungen sehr billig an, indem sie ungelernte und angelernte Mitarbeitende beschäftigen und Dumpinglöhne bezahlen. Dies hat zu einer massiven Marktverzerrung geführt», stellt Damien Ojetti, Zentralpräsident von Coiffure Suisse fest. Der neue GAV, der seit rund zwei Jahren in Kraft ist, ist ein wirksames Instrument gegen solche ungleichen Spiesse in der Branche. «Der neue GAV schreibt erstmals auch Mindestlöhne für ungelernte und angelernte Mitarbeitende vor. Ebenso ist der Praktikantenstatus geregelt. So dürfen Praktikanten höchstens 20 Jahre alt sein und die Praktikumsdauer ist auf acht Monate beschränkt», weiss Ojetti. «Die Barber Shops sind nun über ihre Pflichten informiert und es wer-den Kontrollen durchgeführt.»

    (Bild: zVg) Gleich lange Spiesse für alle: Ab diesem Jahr sind die kantonalen Ämter für Wirtschaft und Arbeit AWA verpflichtet, Coiffeurbetriebe zu kontrollieren, wenn Verdacht auf Schwarzarbeit besteht.

    Effiziente Massnahmen gegen die Schwarzarbeit
    Die Schwarzarbeit ist in der Coiffeurbranche ein Dauerthema. Auch hier macht die Branche ab diesem Jahr Nägel mit Köpfen. «Wir haben an der Tripartiten Kommission des Bundes den Antrag auf Anerkennung unsere Branche als Fokusbranche gestellt und er wurde angenommen», freut sich Ojetti. Konkret bedeutet dies, dass ab sofort die kantonalen Ämter für Wirtschaft und Arbeit AWA verpflichtet sind, Coiffeurbetriebe zu kontrollieren, wenn Verdacht auf Schwarzarbeit besteht. «Dies ist eine weitere wichtige Massnahme im Kampf gegen Wettbewerbsverzerrungen im Coiffeurmarkt», sagt Ojetti.  Im Januar 2019 hat Coiffure Suisse bei der PK Coiffure bereits 250 Überraschungskontrollen angestossen, die zu den 200 Lohnbuchkontrollen hinzugekommen sind, die sie bereits jedes Jahr durchführt. «Ab sofort können die Sektionspräsidenten bei den AWA vorstellig werden und Kontrollen verlangen, wenn die Kantone nicht von sich aus aktiv werden.

    Das Niveau der Berufsausbildung erhöhen
    Ein zentrales Anliegen von Coiffure Suisse ist die Aus- und Weiterbildung. Ein wichtiger Punkt ist dabei die Berufsentwicklung und Qualität «Die Ausbildung muss stets den Anforderungen des Marktes entsprechen. Daher wird die Grundbildung alle fünf Jahre überprüft. Dieses Jahr ist es wieder soweit», sagt Ojetti.  Der Verband engagiert sich zudem mit dem Organisieren und Durchführen von Berufsprüfungen und Höheren Fachprüfungen für die Weiterbildung der Berufsleute. «Damit wollen wir das Know-how und Können unserer Berufsleute auf einem hohen Niveau halten und so auch das Image des Berufes fördern.» Der Coiffeurberuf ist beliebt, absolvieren doch rund 1000 Lernende jährlich ihre Lehre in diesem Metier. Tendenziell gibt es allerdings mehr Lehrstellen als Lernende.

    Wichtig ist für Coiffure Suisse auch die Lehrlingsrekrutierung. Wenn es darum geht, die Jugendlichen für diesen kreativen Beruf zu begeistern, zieht der Verband alle Register: «Wir sind an allen Berufsmessen in der Schweiz präsent. Unsere Lernenden zeigen dort ihr Können und interessierte Jugendliche können an sogenannten Übungsköpfen gleich selbst Hand anlegen.» Eine perfekte Plattform, um den künstlerisch-gestalterischen Beruf vorzustellen und zu promoten bieten die  SwissSkills 2020 in Bern in diesem Herbst. «Für uns ist es Pflicht, am grössten Berufsevent der Schweiz mit da-bei zu sein», so Ojetti.

    Stolz ist der Verband auch auf sein erfolgreiches Nationalteam, welches an internationalen Wettbewerben regelmässig Medaillen und Weltmeister-titel holt. Wie erfolgreich die Schweizer Berufsleute sind, zeigt Chantale Ambühl, die im letzten Herbst an der Berufsweltmeisterschaft «Hair World» gleich drei Goldmedaillen gewann. «Diese junge Berufsfrau ist ein perfektes Beispiel für die Karrieremöglichkeiten in unserem Beruf. Als Mitglied eines Nationalteams an internationalen Wettbewerben mitzumachen, und sich mit Coiffeuren aus der ganzen Welt zu messen, ist ein unvergessliches Erlebnis für unseren Berufsnachwuchs.» Solche inter-nationale Events würden auch gut das Know-how des kreativen Coiffeur-Handwerks und dessen Vielfältigkeit zum Ausdruck bringen. «Wir müssen uns täglich beweisen und unser Beruf erfordert ganz unterschiedliche Fähigkeiten, um zum perfekten Ergebnis zu gelangen.»

    «Der Coiffeurberuf verlangt einen so grossen Mix an Fähigkeiten wie kaum ein anderes Metier.»

    Die Vielfältigkeit des Berufes hervorheben
    Auch auf politischer Ebene setzt sich Coiffure Suisse für gute Rahmenbedingungen in der Branche ein. Ein wichtiges Anliegen ist dem Verband ferner der Kampf gegen Scheinselbständigkeit und die Umgehung der Mehrwertsteuer-pflicht sowie um die Einhaltung der Mindeststandards gemäss Gesamtarbeitsvertrag (GAV). Sogenannten Stuhlmieter, eine Art Uber-Taxi des Coiffeurgewerbes soll der Riegel geschoben werden.

    Die Digitalisierung hat auch in der Coiffeurbranche Einzug gehalten. So werden die Saloninhaberinnen und -inhaber in administrativen Bereich entlastet, so dass sie sich noch besser um die Kundenwünsche kümmern können. Die sozialen Medien sind eine wichtige Plattform für die Imagearbeit des Verbandes, ist doch die Imagesteigerung des Coiffeurberufes eine grosse Herausforderung für den Verband. «Unser Beruf ist eher auf den unteren Stufen der sozialen Leiter angesiedelt und dies obwohl er sehr viel Wissen und Können verlangt und hohe Qualitätsanforderungen bestehen. Was viele auf den ersten Blick aber nicht sehen, ist, dass man als Coiffeuse oder Coiffeur neben dem fachlichen Können auch über viele soziale Fähigkeiten verfügen muss», betont Ojetti. «Wir arbeiten mit und an Menschen. Damit man ein Geschäft mit Mitarbeitern erfolgreich führen kann, sind unternehmerische Fähigkeiten nötig. Und schliesslich geben wir als Ausbildner unser Wissen an den Berufsnachwuchs weiter. Ich wage zu behaupten, dass der Coiffeurberuf einen so grossen Mix an Fähigkeiten verlangt wie kaum ein anderes Metier: Der Coiffeur ist Hand-werker, Künstler, Manager, Psychologe, Ausbildner, Zuhörer und Versteher, alles in einem.» Diese Komplexität, diesen Facettenreichtum des Coiffeurberufes möchte der Verband  in der Gesellschaft stärker ins Bewusstsein rufen und in den Mittelpunkt rücken.

    Corinne Remund

    www.coiffuresuisse.ch

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